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YOGA - (k)eine Kunst?

Ein Artikel für naturel ~ Eintauchen ins Leben ~
Die neue Zeitschrift für Lebenskunst, Harmonie, Sinnlichkeit
von Susanne Worms (22.01.2003)

Wenn man im Westen an Yoga denkt, dann fallen uns meist als erstes die Yoga-Haltungen, die asanas ein. Man hält sie im allgemeinen für eine Art von Turn- oder Gymnastikübungen. Allzu oft haben selbst erfahrene Yoga-Schüler bei der Ausführung der asanas noch diese Vorstellung.

mudra bei lotus Der erfahrene Yogalehrer weist auf das Verständnis für die wahre Natur oder den Sinn des asanas hin: die asanas stellen im Grunde genommen eine Andachtsübung dar, die uns, wie alle spirituellen Übungen, der Erkenntnis der Wahrheit näher bringen soll.
Als Begründung für die Teilnahme an einem Yoga-Kurs geben die meisten Schüler an, dass sie Erleichterung für ein Problem im Zusammenhang mit den Muskeln oder dem Knochengerüst suchen, oder dass sie lernen wollen, sich zu entspannen.

Nur die wenigsten sprechen, zumindest gilt das für den Anfang, von einem Interesse an den spirituellen Aspekten. Diejenigen aber, die bei den Übungen „durchhalten“, machen unweigerlich bestimmte Entdeckungen.

Als erstes fühlen sie sich körperlich besser. Sie atmen leichter und bewegen sich freier. Ihr Geisteszustand verändert sich, ihre Konzentrationsfähigkeit nimmt zu, sie werden wacher und lebendiger.

Allmählich beginnt sich noch etwas anderes bemerkbar zu machen:
Das Gefühl, dass sie sich zwar in einem durchaus wünschenswerten Zustand befinden, dass es aber doch noch etwas darüber hinausgehen muss. Der Schüler erhält einen flüchtigen Eindruck eines Aspektes seines SELBST, der die physische, mentale und emotionale Ebene übersteigt, eine Ahnung von der WAHRHEIT über das, was man als das ICH oder SELBST bezeichnet. Hier liegt die spirituelle Bedeutung der asanas. Jedes asana erzeugt einen meditativen Geisteszustand.

Aber warum gerade diese Übungen? Warum diese Bezeichnungen? Die Übungen sind, richtig ausgeführt, anatomisch korrekt und nutzen die ganze natürliche Spannweite der Bewegungen des menschlichen Körpers. Sie fördern die Funktion der inneren Organe, sorgen für die Ausgewogenheit zwischen dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem, und sie schaffen die günstigsten Voraussetzungen für Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen.

Die asanas sind aber auch Symbole. Wenn ich eine dieser Übungen gestalte, dann führe ich zugleich mit meinem Körper, mit meinem Geist und mit meinem Atem eine symbolische Gebärde aus, und meine Erfahrung bildet eine Brücke zwischen diesen Aspekten meines SELBST und der Energiequelle, die sie hervorbringt und unterhält.

vrksasana Baum Nehmen wir z. B. das asana des Baumes, vrksasana: Der Baum besitzt die Fähigkeit, sich ohne Unterstützung aufrecht zu halten. Es herrscht ein Gleichgewicht zwischen Stamm und Verteilung der Äste, der Baumkrone und der Wurzeln.

Vielleicht teilt der Mensch ein ähnliches Schicksal wie der Baum. Hängt nicht auch sein Dasein davon ab, wir robust die Konstitution, der Stamm, die Äste, die Wurzeln sind? Der Baum bricht nicht im Sturm, er beugt sich ihm und zeigt gerade dadurch seine Stärke. Auch wir Menschen sollen uns fragen: Bin ich nachsichtig, kann ich mich den Fügungen des Lebens beugen? Oder verbleibe ich in Starrheit, die mich an meinen Lebensumständen zerbrechen lässt?

Yoga ist eine Kunst, und die asanas sind ein poetischer Ausdruck dieser Kunst. Sie sind Symbole, die die Wahrheit sichtbar machen und uns zum Licht führen können.
Wenn wir den Körper mit Hilfe der asanas unter Kontrolle bringen, gelingt es leichter auch den Geist und die Emotionen zu beherrschen. Ein asana, das man durch beharrliches Üben vervollkommnet, wird in einem bestimmten Stadium spirituell, es wird zu einem mudra. Das Wort mudra bedeutet soviel wie ein "Siegel, eine bekräftigende Gebärde".

Auch der menschliche Körper ist ein solches Siegel. Wir müssen nur entdecken, was da eigentlich versiegelt ist, welches Geheimnis sich hinter dem Siegel verbirgt. Um das zu erreichen, müssen wir allmählich damit beginnen, die Botschaft zu entziffern, die uns der Körper vermittelt.

Was wir durch die Praxis der asanas entdecken, wird zu einer starken Quelle neuer Kraft und zur Inspiration für ein tieferes Verständnis. Nach der Überlieferung des Ostens gilt der Mensch als Entdecker, als Abenteurer, er ist sein eigenes Versuchslabor und er muss seine eigenen Experimente anstellen. Es hängt von jedem einzelnen selbst ab, ob er intuitiv denkt, nachforscht und Fragen stellt, denn ein Yoga-Lehrer wird niemals einem Schüler die Freude nehmen, eigene Entdeckungen zu machen.

Eines Tages werden wir erkennen, dass die Wirkungen des Hatha-Yoga sich nicht auf den körperlichen (physischen) Bereich beschränken. Hier liegt erst der Anfang, denn die menschliche Wahrnehmung beginnt auf der Ebene des Körperlichen.

Die Wirkung der asanas auf das Zentralnervensystem muss gebührend beachtet werden. Setzt man die Praxis regelmäßig fort, kommt es allmählich zu einer Regulierung und zur Entwicklung einer besseren Wahrnehmungsfähigkeit des willkürlichen und unwillkürlichen Nervensystems. Alle Yoga-Haltungen tragen dazu bei, die Funktion des gesamten Organismus zu normalisieren. Deshalb beeinflussen sie sowohl die Tätigkeiten der Drüsen und der Organe als auch das Nervensystem, und auf diesem Wege dann auch den Geist.



HATHA-YOGA

Der Mensch lebt in der Polarität. Das wird durch die Bedeutung des Wortes Hatha ausgedrückt. Ha heißt soviel wie Sonne, Hitze, Licht, Energie, Kreativität, Aktivität, Leidenschaft, das Positive. Tha bedeutet der Mond, das Kühle, Reflexion, Empfänglichkeit, das Negative. Die Begriffe des Positiven und des Negativen weisen auch auf die elektrisch-chemische Energie des Körpers hin, wobei die rechte Seite positiv und die linke negativ geladen ist.

Wir haben es hier immer mit zwei Extremen zu tun: Hitze und Kälte, Aktivität und Passivität, das Positive und das Negative.

Auch der Geist besitzt seine eigenen Polaritäten. Das liegt vor allem in der Natur des Lebens selbst. Wir „fallen“ stets von einem Extrem ins andere. Dies geschieht, weil wir uns vor allem im Bereich vorgefasster Meinungen und einer Vielzahl von Vermutungen bewegen.

Das Wort Yoga bedeutet "Vereinigung", die Versöhnung der Polaritäten im Inneren, mit dem Ziel, einen Zustand des Gleichgewichts zu erreichen und über unser begrenztes Vorstellungsvermögen hinauszukommen. Doch der Wahrheit kommt man nur Schritt für Schritt und ganz allmählich näher. Zuerst müssen wir die Wahrheit über uns selbst erkennen. Wir haben gelernt, unsere vielen Ängste sehr gut zu verbergen. Beim Hatha-Yoga stellen wir uns diesen Ängsten, aber wir aktivieren gleichzeitig unser Kräftepotential, indem wir unsere Aufmerksamkeit gleichmäßig auf Körper und Seele und Geist verteilen.

Durch die asanas nimmt der Schüler Stress im Körper wahr, und durch den Gebrauch der eigenen geistigen Fähigkeiten werden viele seiner geistigen Probleme aufgedeckt. Jetzt können durch eine bewusste Entscheidung auf der Grundlage des eigenen Willens und der Selbstanalyse Veränderungen im Leben vorgenommen werden. Man wirkt der Unfähigkeit, mit Stress fertig zu werden, und dem weitverbreiteten Gefühl der Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit am besten dadurch entgegen, dass man die Entscheidungsfreiheit wahrnimmt und sein Wahlrecht ausübt.

Leider werden von vielen Menschen im Westen sehr oft die Formen des Yoga mit den Religionen und Sekten des Osten verwechselt. Yoga ist KEINE Religion und KEINE Sekte, auch wenn die Yoga-Praxis von vielen religiösen Gemeinschaften angewandt wird. Die physischen, psychischen und spirituellen Aspekte sind von außerordentlicher Bedeutung und bilden seit jeher die Grundlage für die verschiedenen Wege des Yoga, die alle eine harmonische Entwicklung des Menschen anstreben.

Es ist aber wichtig, auch etwas von der Philosophie und der Kultur zu wissen, aus der heraus der Yoga entstanden ist, wenn man die Absicht hat, ernsthaft damit zu arbeiten und etwas von der Seele" des Yoga zu verstehen.

Hatha-Yoga ist eine Wissenschaft, die sich mit dem Menschen beschäftigt. Swami Kuvalayananda, Begründer des Kaivalyadhama Instituts in Lonavla in Indien war der erste, der die positiven Wirkungen von Yoga wissenschaftlich untersuchte. Schon in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts legte er besonderen Wert auf eine wissenschaftliche Beweisführung. Er machte eine Reihe von aufschlussreichen Feststellungen, die besonders die Nutzung des Yoga und seiner Psychologie zu therapeutischen Zwecken betrafen. Die Yoga-Praxis hat in seinen Ausführungen einen weitreichenden psycho-physischen Einfluss auf das Verhalten des Menschen.

Swami Kuvalayananda weist deutlich darauf hin, dass die asanas auf eine ganz besondere Art und Weise ausgeführt sein sollten, damit sie nicht nur dem Körper und dem mental-emotionalen Charakter des Schülers entsprechen, sondern sich auch in Übereinstimmung mit seiner Intelligenz und seiner Erkenntnisstufe befinden.
Yoga-asanas bieten auf herrliche Weise die Möglichkeit, Hingabe zu erlernen und Erkenntnisse im Inneren zu finden. Erwacht die Seele, so erwacht auch die Ästhetik in der asana-Praxis. Denn Ästhetik ist der Ausdruck der inneren Wirklichkeit, der Reinheit, der Unberührtheit. Unbefangenes und doch bewusstes Üben, mit Einsatzfreude und Sorgfalt führt zu größerem Erfolg und zu angenehmer Entspannung.

Wer ausdauernd asanas praktiziert, Widerstände im Körper aufgeben lernt und gleichzeitig mit stiller Aufmerksamkeit über sein Dasein nachsinnt, wird das Erwachen des eigentlichen SEIN durch Gnade erfahren.
Die Erfolge im Yoga reifen zuerst unter der sichtbaren Schwelle. Zur rechten Zeit aber fallen die Riegel der Dunkelheit und die edlen Früchte der Praxis offenbaren sich.

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Susanne Worms © Januar 2003